Ludwigshafen Ernste Blicke am Geigerzähler: Großübung an der BG Klinik und das Fazit der OB

Ein Feuerwehrmann mit einem Messgerät.
Ein Feuerwehrmann mit einem Messgerät.

In einer Firma ereignet sich ein Chemieunfall. Einige der Mitarbeiter haben dabei Kontakt zu radioaktiven Gefahrstoffen.

Gut, dass es sich bei diesem Szenario am Samstag lediglich um eine Übung handelt. Rund 250 Einsatzkräfte proben auf dem Gelände der BG Klinik in Oggersheim die Dekontamination von Unfallopfern und Helfern.

Menschen in Schutzanzügen, ernste Blicke am Geigerzähler, viel Wasser und Duschstationen, in denen das Wasser gesammelt werden muss. Und das alles am 6. Mai, kurz nach 10 Uhr – denn die Übung vom Samstag legte als Zeitpunkt des Unfalls im Produktionsbereich eines US-amerikanischen Unternehmens auf Ludwigshafener Boden den Montag fest und ist damit ihrer Zeit voraus. Leichter tun sich die Verantwortlichen mit dem Wetter: „Wir haben die Windrichtung auf Westen festgelegt“, erklärt Übungsleiter Jochen Hummel. Im Ernstfall müssen bei wechselnder Windrichtung auch die Helfer reagieren und die Versorgungsstellen notfalls neu positionieren.

Zumindest die Strahlung ist echt. Mitgebracht hat sie Werner Kirchinger aus München. Er ist nicht nur Mitglied der Werksfeuerwehr im dortigen Helmholtz-Forschungszentrum. Es gehört auch zu einem der sieben deutschen Strahlungszentren. „Ich habe eine Lizenz dafür, dass ich das Material transportieren darf.“ Alltagsmaterial. „Früher war die Beschichtung von ganz normalen Badekacheln aus Uranfarbe.“ Und auch das Radon wurde als Leuchtfarbe für Uhrziffern benutzt. „So eine Uhr hat mein Vater sein Leben lang am Handgelenk getragen. Er wurde übrigens 92“, erklärt er lachend.

Trotzdem genügten die auf Probanden verteilten Proben, um die sensiblen Messgeräte zu alarmieren. Das Gemeine dabei: Anders als bei anderen Übungen, bei denen die Verletzten kunstvoll geschminkt werden müssen, ist eine Verstrahlung den Opfern nicht anzusehen. „Deshalb müssen alle Opfer zunähst du einmal gefunden und überprüft werden“, erläutert Übungsleiter Jochen Hummel von der Ludwigshafener Berufsfeuerwehr, der sich das Szenario mit Professor Michael Kreinest, Leiter der Stabsstelle Katastrophenmedizin an der BG-Klinik, ausgedacht hat.

Ein Feuerwehrmann mit einem Messgerät.
Ein Feuerwehrmann mit einem Messgerät.

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Vor Ort sind die Feuerwehr und zahlreiche Rettungskräfte im Einsatz. Neben den Wehren aus Ludwigshafen, Speyer, Frankenthal und des Rhein-Pfalz-Kreises sind auch Männer des Deutschen Rotes Kreuzes, des Arbeiter-Samariter-Bunds, der Deutsche Lebensrettungsgesellschaft, des Malteser Hilfsdiensts, der Psychosoziale Notfallvorsorge, des Technischen Hilfswerks sowie der Ludwigshafener Notfallseelsorge gefordert. Sie alle hatten für ihre Großübungen schon deutlich aufwendigere Übungsszenarien zu stemmen, räumt Hummel ein. „Es geht uns heute nur um die Dekontamination“, also die Beseitigung der Strahlung.

OB-Fazit nach sechs Stunden

Trotzdem sei das gewählte Szenario wichtig. „Wir haben schon seit ein, zwei Jahren daran gearbeitet und festgestellt, dass wir so eine Lage nur gemeinsam meistern können“, erklärt Professor Kreinest – vom Erkennen der Situation über den Aufbau der Duschstationen bis zur Trennung der Unfallopfer und der Helfer, die damit in Berührung kommen. „Wir hoffen auf einen erkenntnisreichen Übungsverlauf“, gibt der ärztliche Direktor Paul Alfred Grützner den Teilnehmern als Gastgeber zur Begrüßung noch mit auf den Weg. Ein Wunsch, der im Parkplatzbereich der Reha-Klinik auf dem BG-Gelände in Erfüllung geht.

Ludwigshafens Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck (parteilos) zieht nach knapp sechs Stunden ein positives Fazit: „Diese Übung hat viele Eindrücke geliefert, um die Abstimmung der beteiligten Einheiten des Katastrophenschutzes weiter zu verbessern.“ Ein Ziel, dass auch ein Symposium vor zwei Wochen im Pfalzbau hatte. Erkenntnisse daraus seien in die Übung aber noch nicht eingeflossen, so Hummel. Trotzdem spielte es am Samstag eine Rolle, denn die dort theoretisch erläuterten Sachverhalte sind am Samstag Realität. Und nicht nur die: „Wir haben ein überörtliches Konzept für das Verhalten nach einem Strahlungsvorfall erstellt. Heute wird das am Schreibtisch entstandene Konzept auf seine praktische Tauglichkeit geprüft“, betont Kreinest.

Krisenstab der Stadt wird gesondert üben

Wirklich zu Ende war die Übung am Samstag noch nicht. Die Nachbesprechung und die fachlich umfassende Auswertung mit der Rückmeldung der Schnelleinsatzgruppe wird noch im Nachgang erfolgen. Und nicht nur die: „Im Krisenstab des Stadtvorstands werden wir für das Verhalten bei einem solchen Vorfall gesondert üben“, kündigt Steinruck an.

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