Kaiserslautern Foodrock-Festival: Sterneköche im Steinbruch – Interview mit Initiator Peter Scharff

In bester Stimmung: Gastgeber Peter Scharff (Mitte) mit seine Koch-Kollegen Mario Kotaska (links) und Ralf Zacherl.
In bester Stimmung: Gastgeber Peter Scharff (Mitte) mit seine Koch-Kollegen Mario Kotaska (links) und Ralf Zacherl.

Kolja Kleeberg, Ralf Zacherl, Mario Kotaska und andere mehr: TV- und Sterneköche geben sich beim Foodrock-Festival im Natur-Steinbruch Picard mitten im Pfälzerwald bei Kaiserslautern die Ehre. Hinzu kommt Live-Musik. Die Hintergründe.

Ebenfalls dabei: TV-Koch Kolja Kleeberg.
Ebenfalls dabei: TV-Koch Kolja Kleeberg.

Initiator Peter Scharff, ehemaliger Sternekoch aus Kaiserslautern, erzählt im Interview von Hürden und Hintergründen und was „Deutschlands Kulinarik-Festival mit Niveau zum All-Inclusive-Preis“ ausmacht.

Von 21. bis 23. Juni geht nun schon die vierte Ausgabe von Foodrock über die Bühne. Hätten Sie bei der ersten Auflage gedacht, dass das so ein Erfolg wird? Die Karten sind nicht ganz billig, und wenn man dann noch mit Übernachtung plant, wird es zu zweit schnell vierstellig ...

Man muss es einfach erlebt haben, um den Preis beurteilen zu können. Keine Geringeren als Kolja Kleeberg, Ralf Zacherl, Mario Kotaska, Bernd Siefert, Christoph Grabowski, Rainer Haseidl, Simon und Susanne Severin, Martin Scharff, Eberhard Schell Christian Krüger, Stephan Stohl, Christian Münze, Patrick Maus, Thilo Hanke, Gerhard Volk, Giuseppe Messina, Annette Closheim, Tanja Gies Düppel und weitere mehr sind mit dabei. Hinzu kommen fünf Live-Bands. Und am Samstag kurz vor Mitternacht spielt eine Dudelsack-Band Hits wie „Amacing Grace“ und bringt das Flair der schottischen Highlands in den mit Feuer ausgeleuchteten Steinbruch. Für mich Gänsehaut pur!

Foodrock-Flair: Strandfeeling am Lagerfeuer.
Foodrock-Flair: Strandfeeling am Lagerfeuer.

Ich finde, manche Leute geben für einen engen Flugsitz und ein schlechtes Hotel gleichviel aus und werden sicher nicht im Geringsten erleben, was sie hier im Pfälzerwald drei Tage lang erleben und genießen könnten. Ich verspreche unseren Gästen, wenn die drei Tage Foodrock-Festival vorbei sind, wird es ihnen vorkommen, als wären sie eine Woche weggewesen (grinst). Eine ganztätige Rundumversorgung auf hoher kulinarischer Ebene in einem Ambiente, das dies eigentlich gar nicht zulässt. Wer das mal in seiner Einzigartigkeit erlebt hat, weiß, warum unsere Besucher aus ganz Deutschland anreisen. Sie werden glücklich und beseelt nach Hause fahren, und es sagen uns bei der Verabschiedung wirklich viele Gäste persönlich immer mehr Das war jeden Cent wert. Das ist unser Applaus, unser Antrieb, unsere Motivation immer noch besser zu werden.

Futter von Sterneköchen und Grillweltmeistern, edler Whisky, Cocktails, Yoga und Rockmusik in einem Steinbruch mit Festival-Atmosphäre unter freiem Himmel – das ist tatsächlich eine sehr ungewöhnliche Mischung. Wie ist es dazu gekommen?

Am Anfang stand die Erkenntnis: Bei Klassikern wie guter Musik aus alten Zeiten, Motorrädern, Autos, Musik, Whiskey, Rum und Gin finden sich und gesellen sich gleichgesinnte Menschen gerne zusammen. Je älter man wird, umso mehr schätzt man auch, sich verstanden zu fühlen, wertgeschätzt zu werden und wenn alte Klassiker auch noch gut gekonnt rübergebracht werden. Wir sprechen mit allen Angebotssparten Gleichgesinnte an. Das macht dieses Festival so einzigartig. Es ist übrigens nicht, wie oft zu hören, ein Heavy-Metal-Festival. Vielmehr steht Classic Rock der 70er und 80er Jahre im Vordergrund.

Classic Rock live: Im Juni sind fünf Bands am Start, im Bild: Fish & the Bongartz 2023.
Classic Rock live: Im Juni sind fünf Bands am Start, im Bild: Fish & the Bongartz 2023.

Live-Musik und Hochgenuss - das passt ja auch prima zum Konzept Ihrer Eventlocation mit Kochschule in Kaiserslautern … Aber als von der Pike auf ausgebildeter Koch, Konditor und Patissier waren Sie ja auch mal ganz klassisch Chefkoch in der Wartenberger Mühle bei Ihrem Bruder Martin und haben bei Leuten wie Harald Wohlfahrt gelernt. Warum haben Sie der Küche in dieser Form den Rücken gekehrt?

Als ich Küchenchef beziehungsweise 2001 sogar Sternekoch wurde, brach gerade das Zeitalter rund um den spanischen Drei-Sternekoch Ferran Adria mit seiner sogenannten Molekularküche an. Ich war aber mit fast 190 Sorten Kräutern im Garten gerade dabei, eine ganz andere Küche zu entwickeln. Eine Aromen- und Texturküche, die auf Respekt der Botanik und der Natur aufbaut. Die Chefköche wurden aber in den folgenden Jahren in Deutschland immer mehr zum Künstler, und das war überhaupt nicht meine Welt. So verließ ich 2007 die Sterneküche und entwickelte mit meinem damaligen Partner, dem Kräutergärtner Bernd Simon, meine eigene Küchenphilosophie: „Cuisina Herba Barona“.

Und wie haben Sie dann überhaupt die hochkarätigen Acts und die Kulinarik-Kollegen für die Idee gewinnen können und zudem Specials wie Klettern, Bogenschießen und Yoga ins Programm bekommen?

Ich konnte mir in meinen langen Wanderjahren zuvor als Koch zum Glück ein gutes Netzwerk aufbauen. Das sind größtenteils meine ehemaligen Mitstreiter und Freunde, und die haben wiederum andere Freunde mitgebracht. Wenn die vielen Sterne- und TV-Köche und Weltmeister nicht meine alten Kollegen und Freunde wären, wäre so ein Auflauf von Experten tatsächlich niemals möglich, schon allein, weil jeder von ihnen einen vollen Terminkalender hat. Und es wäre auch gar nicht finanzierbar. Allein die Gagen der Experten, die kommen, würden sich regulär auf etwa 100.000 Euro belaufen - ohne Lebensmittel und Assistenten. Hier versammelt sich geballte Kulinarik-Kompetenz Deutschlands für ein Wochenende an einem Ort im Pfälzerwald.

Wie alles im Eintritt inbegriffen: Cocktails.
Wie alles im Eintritt inbegriffen: Cocktails.

Gab es denn auch Zweifel am Konzept oder Gegenwind für das Festival - und wenn ja, welcher Art?

Wenn ich die letzten 20 Jahre mit meiner Frau Claudia Revue passieren lasse, ist dieses Event die größte Herausforderung, die wir betriebswirtschaftlich jemals angegangen sind. Wir sind von vielen Faktoren abhängig. Auch beim vierten Mal ist es wieder eine wirklich große Herausforderung für uns. Wir haben 86 Hauptordner auf unserem PC allein für das Foodrock-Festival. Ohne Menschen wie meine Frau Claudia, die Familie Picard, also die Betreiber des Steinbruchs, Wolfgang Höfli alias „Chicken Baba“, der auf dem Gelände mit dem Bagger umgeht wie ich mit dem Schneebesen in der Küche, und motivierten Mit-Machern, wäre es nicht ansatzweise denkbar, das zu schaffen. Wenn ich sagen würde, dass ich keine Angst vor dieser Herausforderung habe, würde ich lügen. Die ersten beiden Jahre waren die schlimmsten. Wir haben das Wasser in 10- und 20-Liter-Kanistern kilometerweit durch das Gelände geschleppt. Wir verspüren hier an dieser Stelle eine tiefe Dankbarkeit für alle Firmen hier in der Region, die von Anfang an an uns geglaubt haben. Ich würde mich sehr freuen, wenn ich diese hier an dieser Stelle mal erwähnen darf.

Okay, aber nur ausnahmsweise …

Da sind die Firma Jakob Becker aus Mehlingen, Zelte und Container Knörr aus Kindsbach, Schreinerei Martin Barz, Schuster & Sohn, Gärtnerei Jahnke Weilerbach, C+C Lautertal, Vergölst, Harley Bruchmühlbach, Agentur Markus Nagy, der Verein Zukunftsregion Westpfalz, die Lewenstein Gruppe, Dienes Packaging, Getränke Koch, VW Rittersbacher, die SWK, Eckes Granini, Gemüse Theis, Carl Picard, Bitburger, Coca Cola und überregionale Firmen aus meinem Netzwerk.

Wie würden Sie die Veranstaltung mit einem Satz charakterisieren?

Foodrock ist ein Festival für Menschen, die jung geblieben sind, und die Geselligkeit, Genuss und die Musik der 70er und 80er lieben. Dazu kann man noch tagsüber bei über 20 verschiedenen Tastings, Workshops mit den TV-Sterneköchen und Experten was lernen und sich inspirieren lassen.

Können Sie aus Ihrer Sicht den Reiz, die Faszination an diesem Format erklären?

Ich kann da nur Vermutungen aussprechen. Es ist so, dass im Regelfall der Festivalbesucher Geld für Bands bezahlt. Bei uns gibt es noch sehr viel mehr obendrauf: Unser aller Bestreben ist es, dass sich unser über 30 Jahre ausgebildeter kulinarischer Anspruch zusätzlich zur Live-Musik auf allen Ebenen unseres Festivals widerspiegelt. Auf jeden Fall hat diese Symbiose von wirklich gutem Essen, guten Weinen und handgemachten Drinks sowie diesem Musik-Genre bis jetzt ein bundesweites Alleinstellungsmerkmal. Hinzu kommt die denkwürdige Location. Der Aufwand, den wir Veranstalter an dieser Stelle betreiben, ist wirklich immens. Ich glaube, das tut sich keiner so schnell an. Im Steinbruch gibt es keine Infrastruktur, also kein Wasser, kein Strom, nix. Wir müssen alles, was man braucht, dorthin karren. Wir stemmen das Event mit einer rund 150 Mann beziehungsweise Frau starken Crew.

Wie war bisher die Resonanz des Publikums?

Einige Besucher vom letzten Sommer haben mir versichert, dass es riesigen Spaß mache, das zu erleben. Ich schätze, gut ein Drittel sind mittlerweile echte Foodrock-Fans geworden.

Woher kommen die Leute? Gibt es eine bestimmte Zielgruppe?

Eine Zielgruppe im engeren Sinn gibt es nicht, aber es hat sich gezeigt, dass die meisten Festival-Besucher zwischen 40 und 65 sind. Es sind Junggebliebene, auf dem Boden gebliebene Menschen, die gerne lachen, Spaß haben, tanzen, das Leben unter Gleichgesinnten genießen möchten und kulinarische Qualität und Classic Rock zu schätzen wissen. Aber jeder, der sich angesprochen fühlt, sollte mal dabei gewesen sein. Das Festival findet direkt bei uns vor der Haustür statt, und die meisten Menschen nehmen dafür sogar eine weite Anreise in Kauf. Die kommen bundesweit und aus dem Ausland, aus 500 Kilometern Entfernung und von noch weiter her. Glauben Sie mir: Wer auf Kulinarik und auf Classic Rock der 70er und 80er steht, ist im Herzen ein Foodrocker. Foodrocker verbringen Ende Juni 2024 eine gemeinsame geniale Lebenszeit, wo Freundschaften geschlossen oder bestehende gepflegt werden. Ich finde: Das ist mehr wert als alles Geld der Welt.

Haben die Gäste denn auch von vornherein einen besonders gehobenen Anspruch?

Viele kommen inzwischen tatsächlich mit einer sehr hohen Erwartungshaltung angereist. Die gilt es dann natürlich zu übertreffen. Das beginnt schon bei der Akkreditierung. Hier stehen nicht irgendwelche Pförtner, hier stehen Freunde, die die Gäste herzlich willkommen heißen. Das beginnt schon mit der Frage: „Seid ihr gut angereist? Schön, dass ihr da seid, jetzt erwartet euch ein ganz besonderes Stückchen Lebenszeit!“ Jeder einzelne Gast, der auf dem Festival-Gelände ankommt, wird von mir und meiner Frau persönlich begrüßt. Es sind keine Festivalbesucher für uns, es sind unsere Gäste. Und die bedienen wir von ganzem Herzen. Die ganze Stimmung ist herzlich. Sehr einfach und locker, aber dennoch niveauvoll und von einem sehr respektvollen Umgang untereinander und mit der Natur geprägt, in der wir zu Gast sind.

Und als wäre die Vorbereitung und Begrüßung vor Ort nicht schon genug, mischen Sie persönlich auch noch am Freiluft-Herd mit und legen obendrein als DJ Pete the Heat bis spät in die Nacht Platten auf …

Wenn ich meine DJ-Phase habe, versuche ich zu spüren, was unsere Gäste zwischen den Workshops und Tastings gerade brauchen. Ich glaube, einmal haben 300 Leute live aus allen Ecken „Johnny Walker“ von Marius Müller-Westernhagen mitgesungen. Da hatte ich echt Gänsehaut. Aber man muss auch spüren, wann man einfach mal den Lautstärkeregler stumm zu schalten hat und die Natur für sich sprechen lassen sollte. Wenn ich das mal nicht merke, ist mein Freund „Chicken Baba“ zur Stelle, der mich feinjustiert (lacht). Ich denke: Genau das ist vielleicht der Spirit, der dieses Festival zu einem ganz besonderen macht.

Aber anstrengend ist das doch auch, oder? Warum tun Sie sich das an?

Ich habe einmal im Team gesagt, wenn wir das Festival auf dem Mond abhalten würden, bräuchten wir nur noch Sauerstoff zu organisieren … Der Steinbruch ist Natur pur und hat keine Infrastruktur. Nichts rollt von alleine, auch wenn es Rollen hat. Schon die fünf Tage Aufbau - und dann drei Festivaltage von morgens um 7 bis nachts um 2 Uhr mehr oder weniger Dauerlauf im Sand. Ja, das ist für alle Beteiligten wirklich anstrengend. Mein Kopf wollte nach dem letzten Foodrock erst mal zwei, drei Monate nichts mehr davon hören, geschweige denn sehen. Ich war total platt, und meine Frau und mein Team ebenso. Ich kann es nicht beschönigen: Es ist wahnsinnig anstrengend! Aber die Euphorie, die Vision und unsere Passion lässt uns für eine Weile vergessen, wie anstrengend es ist. Wer dabei ist, wird dieses Wochenende niemals vergessen. Letztens hat eine Person bei mir acht Tickets bestellt. Ich habe sie gefragt, ob sie mit der ganzen Familie kommt. Aber es handelt sich tatsächlich um vier Pärchen aus ganz unterschiedlichen Richtungen, die sich beim Foodrock-Festival kennengelernt und Freundschaft geschlossen haben. Und sie kommen dieses Jahr wieder. Sie buchen die Tickets zusammen, damit sie mit dem Wohnmobil nebeneinanderstehen können. Wenn ich sowas höre, wird ein Wunsch Wirklichkeit. Das macht mich glücklich. Wir machen tatsächlich alles dafür, dass Foodrock gleichbedeutend mit Lebensqualität steht.

Haben Sie noch eine erinnerungswürdige Foodrock-Anekdote für uns?

Vielleicht eher eine philosophische Nachbetrachtung: Wenn das Festival vorbei ist, ist es unser aller Anspruch, die Natur so zu verlassen, wie wir sie angetroffen haben. Wir machen uns über alle Bereiche Gedanken, etwa was den Müll angeht, und wollen die Natur so wenig wie möglich belasten. Das Thema Plastikverpackungen haben wir so gut wie gar nicht. Und an der Stelle ergibt sich vielleicht sogar eine erinnerungswürdige Anekdote: Beim Foodrock kochen 30 Köche für maximal 500 Gäste live. Wir bekommen daher beispielsweise 40 Kilo Parmaschinken am Stück - und die schneiden wir dann drei Tage lang auf einer alten Berkel-Maschine mit Handkurbel direkt auf den Teller.

Pfälzer Foodrock-Open-Air-Festival : 21.-23.6., Steinbruch Picard, Krickenbach bei Kaiserslautern, mit Sterne- und TV-Köchen, Grillmeistern und Classic Rock ; Freitag (Programmauszug):
11 Uhr Eröffnung der Festival-Area, 17 Uhr Kochshow, 18 Uhr Yoga, 18.45 Uhr BBQ-Party und Showgrillen, 21 Uhr The Chain, 23 Uhr DJ Pete the Heat. Samstag (Programmauszug): 8 Uhr Yoga, 9 Uhr Steinbruch-Frühstück, 10.30-16.30 Uhr Workshops, 12 Uhr Darts-Turnier, 17 Uhr Kochshow, 19 Uhr Küchenparty mit Sterneköchen,
21 Uhr Alice Cooper alias Pete the Heat und Classic Rock der Foodrock-Band, 22.30 Uhr Streetfood, 23 Uhr K-Town Pipe Band am Lagerfeuer, 23.30-2.30 Uhr Foodrock-Band und DJ. Sonntag (Programmauszug): 9 Uhr Hangover-Frühstück, 11 Uhr Steinbruch-Brunch mit Acoustic Rock von Angel’s Share ab 12 Uhr
Weitere Informationen, Tickets, Buchung von Hotel oder Campingplatz: foodrock-festival.de

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